Tangentialkraft und Saugkraft

7.441 Tangentialkraft. Bereits in Кар. 5.22 wurden neben den stromungsfesten Komponenten der Luftkraft, Auftrieb und Wider – stand, die fliigelfesten Komponenten, Normalkraft und Tangential­kraft, eingefiihrt. Fiir kleine Anstellwinkel ist nach Gl. (5.32) die Nor­malkraft nahezu gleich dem Auftrieb, wahrend die Tangentialkraft von dem Widerstand auch schon bei kleinem Anstellwinkel erheblich ver­schieden ist. Die Tangentialkraft T wird positiv gezahlt in der Richtung von der Fliigelvorderkante zur Hinterkante. Fiir ihren Beiwert cT = = T/Fgilt bei Beschrankung auf kleine und maBige Anstellwinkel nach Gl. (5.32):

Cy = Cjy — Сдое. (7.177)

Dabei bedeutet cw den Beiwert des Gesamtwiderstandes, der sich aus dem Profilwiderstand und dem induzierten Widerstand nach Gl. (7.157) zusammensetzt. Setzt man cw nach Gl. (7.157) und oc = (docldcA)cA in Gl. (7.177) ein, dann wird

Cr = cWp — (|^ — —j) ca ■ (7.178)

Der Klammerausdruck wird fiir die einfache Traglinientheorie mit dcAd(x nach Gl. (7.89a) gleich 1 lcAoo. Somit gilt fiir Fliigel groBen

Seitenverhaltnisses

CT = cWp-4~ (A = groB). (7.179)

C’A oo

Fuhrt man den Wert von dcA/d(x der erweiterten Traglinientheorie nach Gl. (7.125) in (7.178) ein, dann wird

cr = cWp-Glc2. (7.180)

Dabei ist к = пЛс’Аоо.

In Abb. 7.56 ist die Differenz (cWp — cT)lcA nach Gl. (7.179) und (7.180) liber dem Seitenverhaltnis aufgetragen. Fur groBe Seitenverhaltnisse ist

hiernach diese Differenz und damit auch die Tangentialkraft unabhangig vom Seitenverhaltnis.

Abb. 7.57 zeigt die Abhangigkeit des Tangentialkraftbeiwertes vom Auftriebsbeiwert fur Flugel mit verschiedenem Seitenverhaltnis Л. Dabei ist ein Profilwiderstandsbeiwert von cWp = 0,05 angenommen worden. Bemerkenswert ist, daB bei Auftriebsbeiwerten cA > 0,5 der Beiwert der Tangentialkraft negative Werte annimmt. In diesem Fall ist also die Tangentialkomponente der resultierenden Luftkraft langs der Fliigelsehne nach vorn gerichtet. In Abb. 7.57 sind auch die Widerstandspolaren cw(cA) mit eingetragen.

7.442 Saugkraft. Die Betrachtungen zum Widerstand eines Trag- fliigels unendlicher Spannweite in Кар. 2.563 haben gezeigt, daB bei reibungsloser Fliissigkeit die Umstromung der Vorderkante eines angestellten Profils eine nach vorn gerichtete Saugkraft liefert, Abb. 2.61 a. Diese kommt zustande durch die starken Unterdriicke in der Nahe der Flugelvorderkante. Wir wollen jetzt die Saugkraft beim Tragflugel endlicher Spannweite betrachten. Hierbei ist bei Zerlegung des gesamten Widerstandes in den Profilwiderstand und in den induzierten Wider-
stand nach Gl. (7.156) die Saugkraft in dem induzierten Widerstand mit enthalten. Es gilt somit

mit Saugkraft: cw = cWp – f – cWi. (7.181)

In Кар. 2.563 wurde bereits darauf hingewiesen, dab bei sehr scharfer Vorderkante die Saugkraft nicht vorhanden ist, weil dann die Um-

stromung der Vorderkante zu einer lokalen Ablosung fiihrt und infolge – dessen die starken Unterdriicke, welche die Saugkraft erzeugen, nicht vorhanden sind. Vielmehr ergibt sich bei scharfkantiger Nase die resul- tierende Kraft aus der Druckverteilung senkrecht zur Flugelflache und hat somit in Richtung der Anstromung die Komponente A a. Also gilt fur den Widerstandsbeiwert

ohne Saugkraft: cw = cWp + cAoc. (7.182)

Die Differenz der Widerstandsbeiwerte nach Gl. (7.181) und (7.182) gibt den Beiwert der Saugkraft cs = S/Fq^ zu[22]

cs = — cwi• (7.183)

Setzt man fiir cWi = с\пЛ und fiir oc = (daldcA) cA ein, dann wird

Durch Vergleich mit Gl. (7.178) wird:

cs — Cwp — Cf. (7.185)

Somit ist die in Abb. 7.56 dargestellte GroBe auch unmittelbar ein MaB fur die Saugkraft. Insbesondere ergibt sich fur den Tragfliigel sehr groBer Spannweite cs = c/2n in "Obereinstimmung mit Gl. (6.99a), wenn man dort wegen des symmetrischen Profils den Auftriebsbeiwert des stoBfreien Eintritts cAS — 0 setzt. Fur Л -> 0 erhalt man aus Gl. (7.184) wegen Gl. (7.121) die einfache Formel

cs = с\пЛ.

Zur Bestatigung dieser tlberlegungen sollen abschlieBend noch einige experimentelle Ergebnisse an Tragflachen von kleinem Seiten – verhaltnis nach M. Hansen [21] mitgeteilt werden. Abb. 7.58 zeigt

Abb. 7.58. Widerstandspolaren kreis – formiger Tragflftchen mit verschiede – ner Abrundung der Vorderkante, nach Messungen von Hansen [21]. Theorie nach Kinner [37]. Von denMeBwerten ist der Widerstand bei cA — 0 ab – gezogen.

Scheibe I und II: cwp = 0,012, Scheibe III: cWp = 0,008.

Kurve 1: mit Saugkraft nach
Gl. (7.181):

cw = cWp + 0,247 4;

Kurve 2: ohne Saugkraft nach
Gl. (7.182):
cw = Cwp + 0,55c^.

fur die ebene Kreisscheibe die Widerstandspolaren. Um den EinfluB der Saugkraft zu zeigen, wurden bei den Messungen die Vorderkanten der Kreisflache in verschiedener Weise ausgebildet, wie aus Abb. 7.58 zu er – sehen ist. Die Saugkraft ist um so groBer, je besser die Abrundung der Vorderkante ist. In dieser Abbildung sind die beiden theoretischen Kur – ven fur den Widerstandsbeiwert mit und ohne Saugkraft nach Gl. (7.181) und (7.182) mit angegeben. Die Messungen zeigen das erwartete Ergeb – nis, daB bei guter Abrundung der Vorderkante der gemessene Wider­stand auf die theoretische Kurve mit Saugkraft fallt, wahrend er bei starker Zuscharfung der Vorderkante nahe an der theoretischen Kurve ohne Saugkraft liegt. Samtliche Messungen mit verschieden ausgebildeter Vorderkante liegen zwischen den beiden theoretischen Kurven.