Berechnung des induzierten Widerstandes
7.421 Anwendung des Kutta-Joukowskyschen Satzes. Der induzierte Widerstand eines ungepfeilten Tragfliigels endhcher Spannweite ergibt sich nach Gl. (7.6) zu:
s
W, = ef r(y)wi(y)dy. (7.158)
Dabei bedeutet Г(у) die Zirkulationsverteilung und w{ (y) nach Gl. (7.8) die Verteilung der induzierten Abwindgeschwindigkeit iiber die Spannweite —s < у < s.
Im folgenden soli gezeigt werden, daB Gl. (7.158) auch fiir beliebige Fliigelgrundrisse giiltig ist. GemaB Abb. 7.12 werde der Fliigel durch sog. Elementarfliigel der infinitesimalen Spannweite dy und der Fliigel – tiefe l(y) ersetzt. Das Wirbelsystem eines Elementarfliigels besteht nach Abb. 7.13 aus einer Schar hintereinander liegender Hufeisenwirbel der Breite dy. In Abb. 7.53 sind zwei auf der Tragflache von den Stellen yx und x2, y2 ausgehende Hufeisenwirbel mit den Zirkulationsstarken dTx bzw. dT2 dargestellt. Wahrend der Hufeisenwirbel dTx an der Stelle x2, у % die Abwartsgeschwindigkeit dw2X induziert, liefert der Hufeisenwirbel dT2 an der Stelle xv yx die induzierte Abwartsgeschwindigkeit dwX2. Entsprechend dem Kutta-Joukowskyschen Satz, vgl. Gl. (7.5), liefern die tragenden Zirkulationselemente dTx und dT2 infolge der An-
stromung durch die Abwartsgeschwindigkeiten dw12 bzw. dw2l Krafte, die senkrecht zur Richtung der Abwartsgeschwindigkeit stehen. Nimmt man an, daB die freien Wirbel der Hufeisenwirbel in Anstromrichtung
Abb.. 7.53. Zur Berechnung des induzierten Widerstandes.
verlaufen, dann stellen diese Krafte Beitrage zum induzierten Wider- stand dar. Das in Abb. 7.53 gezeigte Wirbelsystem besitzt, unter Be – achtung des Drehsinns der Zirkulationselemente, den induzierten Teil – widerstand:
d2 Wi = d2 WV2 + d2 W21 = – dTx dw12 – dr2 dw2V (7.159)
Wegen dT = kdx findet man, sofern yx =|= y2 ist, aus Gl. (7.38) in Ver- bindung mit Gl. (7.39b) fiir die induzierten Abwartsgeschwindigkeiten sofort:
(7.160a)
(7.160b)
Man erkennt, daB sich die zweiten Glieder in den eckigen Klammern nur durch das Vorzeichen unterscheiden. Setzt man Gl. (7.160) in Gl. (7.159) ein, dann liefern diese Glieder keinen Beitrag zum induzierten
Widerstand. Somit verbleibt:
(7.161)
Aus dieser Betrachtung folgt unmittelbar, daB die Lage der tragenden Zirkulationselemente in x-Richtung fiir den Widerstand ohne EinfluB ist. Somit gilt fiir den gesamten induzierten Widerstand eines Fliigels von beliebigem GrundriB die bereits fiir den ungepfeilten Fliigel in Gl. (7.158) angegebene Beziehung. Da die induzierte Abwindgeschwindigkeit wx (y) nach Gl. (7.8) nur von der Verteilung der Zirkulation iiber die Spannweite abhangt, gilt, daB auch der Gesamtwert des induzierten Widerstandes nur von der Zirkulationsverteilung iiber Spannweite abhangig ist. Er ist unabhangig von der Anordnung der elementaren Hufeisenwirbel in Richtung der Fliigeltiefe (Flugrichtung). Dieses Ergebnis wurde schon friihzeitig von M. Munk [59] erkannt und wird als Munkscher Ver – schiebungssatz bezeichnet. Es ist somit fiir die GroBe des induzierten Widerstandes gleichgiiltig, ob die Zirkulationsverteilung durch die FliigelgrundriBform (Seitenverhaltnis, Pfeilung, Zuspitzung), durch eine Fliigelverwindung oder durch eine Wolbung der Fliigelflache erzeugt wird.
7.422 Anwendung des Energiesatzes. Wahrend sich der Gesamtauf – trieb eines Tragfliigels entsprechend Кар. 7.32 durch Anwendung des Impulssatzes in einfacher Weise berechnen laBt, ist die Berechnung des induzierten Widerstandes mittels des Impulssatzes erhebhch schwieriger, da hierbei die Neigung der Wirbelschicht hinter dem Fliigel nicht ver – nachlassigt werden darf.1 Benutzt man dagegen den Energiesatz, so kann man die Neigung der freien Wirbelflache entsprechend Abb. 7.19 gegen – iiber der Anstromrichtung vernachlassigen.
Die durch ein Flachenelement dy dz der Flache II pro Zeiteinheit hindurchfheBende Masse q dy dz erfahrt einen Energiezuwachs dEu = (p/2) С7ТО (v^ + w^) dydz. Hierbei sind vund wdie induzierten Geschwindigkeiten in y – bzw. z-Richtung. Da auf der Flache I die induzierten Geschwindigkeiten Null sind, ist das Flachenintegral iiber dEji gleich der in der Zeiteinheit geleisteten Arbeit des induzierten Widerstandes Wx. Somit wird:
(7.162)
und nach Division durch :
w< = jff («& + «&) dvdz – (7.163)
(И)
Diese Beziehung gilt sowohl fur die nichtaufgerollte als auch fur die auf – gerollte Wirbelflache hinter dem Fltigel.
Im folgenden moge fur die nichtaufgeroUte Wirbelflache die Gleichwertigkeit der Gl. (7.163) und Gl. (7.158) gezeigt werden. Das induzierte Geschwindigkeitsfeld sehr weit hinter dem Fltigel mit den Komponenten Voo (y, z) und Woo (y, z) laBt sich nach Gl. (7.55a) mit Hilfe eines zweidimensionalen Geschwindigkeitspotentials Ф(у, z) darstellen:
дФ дФ
Voo = —– und Woo = ————— • (7.164)
dy dz
Dabei gentigt Ф (y, z) der Potentialgleichung
а2Ф а2Ф
дуг dz2
Somit hat man nach Gl. (7.163) und Gl. (7.164):
Durch partielle Integration, und zwar nach у ftir das erste und nach z ftir das zweite Glied, ergibt sich hieraus unter Beachtung von Gl. (7.165):
Dabei ist jetzt die Flache II bis ins Unendliche ausgedehnt worden. Da an den Grenzen у = ±oo und z = ±oo die Werte Ф und die Ableitungen dФ|dy und dФ/dz verschwinden, wahrend bei z — ±0 das Potential in z-Richtung einen Sprung vom Betrage
hat, wird
Wi = – J §M(y, b)d-f;(.y, b)dy.
Dabei konnen die Integrationsgrenzen у = ioo durch у = ersetzt werden, weil auBerhalb der Fltigelspannweite Ф (y, 0) = 0 ist. Innerhalb der Fltigelspannweite ist, wie in Gl. (7.52b) gezeigt, der Potentialsprung ЛФ gleich der Zirkulation Г(у); damit ergibt sich mit Gl. (7.164):
s
"”-I
Setzt man hier Gl. (7.8a) mit Woo(y) — —2wi(y) ein, dann wird schlieBlich
s
Wi = Q j r(y)wi(y)dy (7.168)
in Ubereinstimmung mit Gl. (7.158).
Gl. (7.162) gilt fiir die nichtaufgerollte Wirbelflache. W. Kaufmann [34] hat gezeigt, daB sich bei aufgerolUer Wirbelflache der gleiche Betrag des induzierten Widerstandes ergibt wie bei nicht aufgerollter Wirbelflache. Dabei muB jedoch angenommen werden, daB die beiden freien Einzelwirbel Wirbelkerne mit endlicher Geschwindigkeit besitzen.
7.423 Vereinfachte Betrachtung. Fiir die Ermittlung des induzierten Widerstandes mit ffilfe des Energiesatzes betrachteten wir das vom
Abb. 7.54. Zur vereinfachten Berechnung des induzierten Widerstandes mittels Energiesatz. К = Kontrollflfiche. |
Tragfliigel induzierte Geschwindigkeitsfeld sehr weit hinter dem Fliigel. Besonders einfach ist der Fall, bei dem die induzierte Abwartsgeschwin – digkeit sehr weit hinter dem Fliigel iiber die Tragfliigelspannweite kon – stant ist, vgl. Abb. 7.17. Die hinter dem Fliigel zuriickbleibende Stro-
mung kann man in diesem Fall entstanden denken durch Abwarts – bewegung eines Brettes, das mit gleichformiger Geschwindigkeit nach unten bewegt wird. Dieses Geschwindigkeitsfeld hat Abwarts – und Auf – wartsgeschwindigkeiten, wobei jedoch die ersteren iiberwiegen. Fur die weitere Betrachtung ist in Abb. 7.54 ein Tragfliigel mit diesem Geschwindigkeitsfeld perspektivisch dargestellt. Wir legen um den Trag – fliigel eine sehr lange zylindrische Kontrollflache K. Auf der Eintritts – seite dieser Kontrollflache ist die Abwartsgeschwindigkeit uberall gleich Null. Auf der Austrittsseite kann man sich nach L. Prandtl die Ab – wartsbewegung vereinfacht so vorstellen, daB auf dem Querschnitt Fx = tc6[16] [17]/4 eine konstante Abwartsgeschwindigkeit vorhanden ist, wah – rend auBerhalb dieses Querschnittes die Abwartsgeschwindigkeit Null ist.
Die Anwendung des Impulssatzes nach Gl. (7.60) auf diese Kontrollflache liefert fiir die Vertikalrichtung den Auftrieb
A=qQw00 = qF1Vw009 (7.169)[18]
wobei Q = Fx V das durch die Kontrollflache pro Zeiteinheit durch – fliefiende Volumen und die induzierte Abwartsgeschwindigkeit weit hinter dem Fliigel (positiv nach unten) ist.
Den induzierten Widerstand erhalt man aus der tlberlegung, daB bei verlustloser Stromung die pro Zeiteinheit neu erzeugte kinetische Energie der Abwartsbewegung gleich der Arbeit pro Zeiteinheit des induzierten Widerstandes ist. Dieses ergibt:
Q^wl = WiV
oder
Wi = F1^w200. (7.170)
Die Elimination von mittels Gl. (7.169) ergibt mit Fx = (тг/4)62 undq = (Ql2)V[19] [20] [21]:
A2
Wi=—>T (7-171)
nqb2
in Ubereinstimmung mit Gl. (7.18).