Tragfliigel endlicher Spannweite bei Nullauftrieb
8.431 Allgemeines. Nachdem in den vorigen Abschnitten der an- gestellte Tragfliigel endlicher Spannweite bei Uberschallgeschwindigkeit behandelt wurde, soil jetzt fur den Tragfliigel endlicher Dicke der Sonderfall naher erortert werden, bei dem der Auftrieb Null ist. Hierbei interessieren die Druckverteilung iiber die Fliigelkontur und der daraus resultierende Wellenwiderstand. Der letztere hangt stark von der Profil – dicke ab, man vergleiche hierzu die Ausfiihrungen iiber das ebene Problem in Кар. 3.53 und Кар. 8.13. Das allgemeinste Verfahren zur Bestimmung der Druckverteilung von Fliigeln endlicher Dicke bei Nullauftrieb ist die Quell-Senken-Methode von Th. v. Karman [35]. Die Grundlagen dieses Verfahrens fiir den mit Uberschallgeschwindigkeit angestromten Tragfliigel wurden in Кар. 8.415 bereitgestellt.
Der Grundgedanke dieses Verfahrens besteht darin, daB die Grund- riBflache des vorgegebenen Tragfliigels in der x, y-Ebene mit einer Quell – verteilung q(x, y) belegt wird. Aus dieser erhalt man am Ort der Fliigel – flache die a:-Komponente der Geschwindigkeit u(x, y) nach Gl. (8.103) und die z-Komponente w(x, y) nach Gl. (8.104). Ist z^(x, y) = z0(#, y) die Kontur des Fliigels, so lautet die kinematische Stromungsbedingung nach Gl. (7.221):
Fiihrt man dies in Gl. (8.104) ein, so hat man
(8.138)
und nach Einsetzen in Gl. (8.103) fiir denDruckbeiwert cp = —2u/U^:
ffierin bedeutet F’ den EinfluBbereich des Punktes x, y, wie er in Abb. 8.37 schraffiert angegeben ist. Hiernach kann bei vorgegebener Fliigelkontur z0(x, y) die Druckverteilung ermittelt werden.
Wellenwiderstand. Den Beiwert des Wellenwiderstandes des Fliigels erhalt man durch eine Integration der Druckverteilung tiber die Fliigel – flache F zu:
Cwo = У If Cp^’ ^ it dxdy‘ (8.140)
(F)
Diese Formel ist nur giiltig fur scharfkantige Profile.
In Кар. 8.22 wurde gezeigt, daB nach der Ahnlichkeitstheorie der Uberschallstromungen, Gl. (8.58b), der Druckbeiwert abhangig ist von folgenden GroBen: Dickenverhaltnis б = d/l, Zuspitzung Я — Za/Zt, Л tan (p und Л^Ма™ — 1, wobei Л das Seitenverhaltnis und cp der Pfeilwinkel ist. Somit erhalt man fiir den Widerstandsbeiwert bei Null – auftrieb, da dz0/dx zu б proportional ist, den folgenden allgemeinen Zusammenhang:
cWo = * © (Я, Л tan q>, Л І Mai ~ 1) • (8-141)
І Mai – 1
Diese Beziehung ist von groBem Wert fiir die iibersichtliche Darstellung von theoretischen und experimentellen Ergebnissen.
8.432 Rechteckfliigel bei Nullauftrieb. Fiir die Tragflache mit recht- eckigem GrundriB und iiber die Spannweite konstantem Profil z0(x, y) = zQ(x) ergibt sich nach Einsetzen von Gl. (8.139) in Gl. (8.140) sowie nach Ausfiihrung von zwei Integrationen, vgl. K.-R. Dorfner [11]:
і
= – 4 f dX fur Л’ ^ 1, (8.142a)
Улг<& – і J dXl
fiir А rg 1. (8.142b)
Es ist bemerkenswert, daB fiir A = A ^Ma^ — 1 1 die Wider-
standsformel fiir den Rechteckfliigel endlicher Spannweite mit der- jenigen des Rechteckfliigels unendlicher Spannweite iibereinstimmt, vgl. Tab. 8.2 und Gl. (3.140).
Fur ein bikonvexes Parabelprofil Z0 = 26X(1—X) erhalt man nach Ausfiihrung der Integrationen:
-^-=1 (Л’^1), (8.143a)
cW0oo
= — [4 arcsin А’ — A’ /l/l — A’2 — (6 — A’2) ar cosh —\
cwooo L A’)
(A’ ^ 1). (8.143b)
Dabei ist nach Gl. (8.22 a):
cwooo = —,….. (Parabel). (8.144 a)
31/Ж<4 – 1
Die numerische Auswertung der Gl. (8.143) ist in Abb. 8.73 angegeben.
8.433 Dreieckfliigel bei Nullauftrieb. Es sollen noch einige Ergebnisse fiir Dreieckfliigel (Deltafliigel) angegeben werden. Dreieckfliigel mit Doppelkeilprofil wurden von A. E. Puckett [60] und solche mit bi – konvexem Parabelprofil von B. Beane [3] berechnet. In Abb. 8.74 sind die Beiwerte des Wellenwiderstandes bei Nullauftrieb fiir das Doppelkeilprofil und das bikonvexe Parabelprofil mit 50% Dickenriieklage in Abhangigkeit von dem Parameter m = ]/Ma— 1 Л/4 angegeben. Fiir das Doppelkeilprofil ist nach Gl. (8.23):
4<52
cWo = —=== (Doppelkeil). (8.144b)
male – 1
Fiir Dberschallvorderkanten (m > 1) ist cW0/cW0oo nahezu unabhangig von der Mach-Zahl, wahrend bei Unterschallvorderkanten (m < 1) sich cW0lcW0oo stark mit der Mach-Zahl andert. Beide Kurven haben einen ausgepragten Knick bei m == 1, d. h. wenn die Mach-Linie die
gleiche Neigung hat wie die Vorderkante. Die Kurve fiir das Doppel – keilprofil hat auBerdem einen Knick bei m = 1/2, d. h. wenn die Mach – sche Linie parallel zur Linie der groBten Dicke ist.
Abb 8.74. Widerstandsbeiwert (Wellenwiderstand) bei Nullauftrieb fiir Dreieckfliigel (Deltafliigel) in AbMngigkeit von der Mach-Zahl. Profil I: Doppelkeilprofil, Срр0оо nach Gl. (8.144b); Profilll: Parabelprofil, cW0OQ nach Gl. (8.144 a); 0 < m < 1: Unterschallvorderkante; m > 1: tlberschallvorderkante. |
Vergleich mit Messungen. In Abb. 8.75 sind einige Messungen fiir Dreieckfliigel mit Doppelkeilprofil mit 18% Dickenriicklage nach [45] angegeben. Dabei sind, ahnlich wie in Abb. 8.64, fiir m < 1 und m > 1 wieder verschiedene Darstellungen gewahlt worden. Die an elf Fliigeln fiir die Mach-Zahlen Ma^ = 1,62, 1,92 und 2,40 durchgefiihrten Messungen ordnen sich bei der hier gewahlten Darstellung sehr gut auf einem Kurven – zug an, womit die Ahnlichkeitsregel nach Gl. (8.141) ihre Bestatigung findet. Die theoretische Kurve nach [60] fiir die Dickenriicklage Xd — = 0,18 hat bei m = 1 einen hohen Spitzenwert, der durch die Messungen erwartungsgemaB nicht bestatigt wird, weil in diesem Fall die Vorderkante gerade mit Schallgeschwindigkeit angestromt wird. Der Vergleich von Theorie und Messung leidet darunter, daB von den ge- messenen Widerstanden rechnerisch ermittelte Reibungswiderstande ab – gezogen werden, deren Ermittlung unsicher ist.
8.434 Weitere Beispiele. Die Ergebnisse weiterer Beispielrechnungen fiir allgemeine Dreieckfliigel sind in Abb. 8.76a nach [61] angegeben, und zwar fiir Doppelkeilprofile mit 50% Dickenriicklage. Die Kurven haben einen ausgepragten Knick bei m = 1, d. h. wenn die Machsche
Lime die gleiche Neigung wie die Vorderkante hat. Im Bereich der Unterschallvorderkante 0 < m < 1 tritt auBerdem ein Knick auf, wenn die Mach-Linie parallel zur Linie der groBten Dicke ist. Die Verlaufe sind
im ubrigen ahnlich wie beim Deltafliigel, Abb. 8.74, der hier mit einge – tragen ist. Entsprechende Auftragungen fur Pfeilflugel mit konstanter Tiefe zeigt Abb. 8.76b fur verschiedene Werte von Л coty. Es moge an – gemerkt sein, daB sich im Bereich der Dberschallvorderkante nach [11] der Wert
cwo m X – ^ л , 2
—— = —….. fur m > 1-|———————
cW0oo ]/m2- 1 Acoty
ergibt, falls die von der Spitze ausgehende Mach-Linie (Gerade g) die Hinterkante trifft.
AbschUeBend sind in Abb. 8.77 fur die in Abb. 8.68 bis 8.70 bereits behandelten drei Flugel (Trapezfliigel, Pfeilflugel und Dreieckfliigel) die Gesamtwiderstandsbeiwerte beim Auftrieb Null (Wellenwiderstand + Reibungswiderstand) in Abhangigkeit von der Mach-Zahl angegeben.
Abb. 8.76. Widerstandsbeiwerte (Wellenwiderstand) bei Nullauftrieb von Fliigeln mit verschiedenem
GrundriB.
a) Zuspitzung Я = 0; b) Zuspitzung A = 1;
0 < m < 1: Unterschallvorderkante; m > 1: t)berschallvorderkante.
Gestrichelte Kurve (g) nach Gl. (8.144 c).
Die drei Fliigel haben Doppelkeilprofil mit d/l = 0,05 und ein Seiten – verhaltnis von Л = 3. In dem dargestellten Machzahlbereieh betragt der Wellenwiderstand das zwei – bis dreifache des Reibungswiderstandes.
Der letztere wurde nach Abb. 4.42 fur eine Reynolds-Zahl Вві ^ 107 ermittelt. Da der Wellenwiderstand proportional zu (d/l)2 ist, kann man diesen Anteil und damit auch den Gesamtwiderstand beim Auftrieb Null im Dberschallbereich betraehtlich vermindern, wenn man das Dicken – verhaltnis d/l klein halt. Dieser Tatsache tragt der Flugzeugbau Rech – nung, indem fiir Dberschallflugzeuge extrem kleine Dickenverhaltnisse gewahlt werden; man vergleiche hierzu Abb. 5.10a.