Flugel-Rumpf-Anordnung bei unsymmetrischer Anstrbmung

10.221 Schieberollmoment von Fliigel-Rumpf-Anordnungen. Bei

der unsymmetrischen Anstromung einer Flugel-Rumpf-Anordnung er – gibt sich aus der seitlichen Komponente der Rumpfumstromung fiir den Fliigel eine zusatzliche antimetrische Anstellwinkelverteilung, wie sie in Кар. 10.13 und in Abb. 10.6 erlautert wurde. Diese hat fiir den Hochdecker und Tiefdecker entgegengesetztes Vorzeichen, wahrend sie fiir den Mitteldecker gleich Null ist. Diese antimetrische Anstellwinkel­verteilung erzeugt am Fliigel eine antimetrische Auftriebsverteilung und damit ein Schieberollmoment. Dieses zusatzliche Schieberollmoment infolge des Rumpfeinflusses hat ebenfalls entgegengesetztes Vorzeichen fiir den Hochdecker und den Tiefdecker.

Anstellwinkelverteilung. Um theoretisch den EinfluB des Rumpfes auf die Auftriebsverteilung des Fliigels zu erfassen, muB die durch die Querumstromung des Rumpfes mit der Geschwindigkeit U^ sin f} ^ UqqP hervorgerufene antimetrische Anstellwinkelverteilung nach Abb. 10.6 ermittelt werden. Fiir einen unendlich langen Rumpf mit Kreis – querschnitt (Radius R) ergibt sich fiir die Anstellwinkelverteilung Aoc^w/U^ nach Gl. (2.119):

— = -2 Д2———- y——,

P (Vі + *2)2

giiltig fiir у > y0, wobei der Rumpfquerschnitt nach Abb. 10.24 durch y -|- Zq — R2 gegeben ist. Im Bereich des Rumpfes, d. i. fiir у < y0> ist А їх = 0 zu setzen.

Fur den Flugel ohne V-Stellung ist in Gl. (10.29) nach Abb. 10.4a z = z0 zu setzen. Damit lafit sich die Anstellwinkelverteilung in den dimensionslosen Koordinaten y/s — rj und zjs = £0 in folgender Form schreiben:

mit rjR = Rjs als relativer Rumpfbreite. In Abb. 10.24 ist die hier – nach berechnete Anstellwinkelverteilung fur verschiedene Werte C0

dargestellt. Diese Verteilungen haben ein stark ausgepragtes Maxi­mum in der Nahe der Rumpfachse (bei rj = 0,578£0), das jedoch in manchen Fallen im Innern des Rumpfes liegt und deswegen nichts zur Auftriebsverteilung beitragt.

Will man die Anstellwinkelverteilung fur einen Rumpf endlicher Lange ermitteln, so ergibt sich durch eine analoge Gberlegung wie in

Кар. 10.213:

h

A<x __ З Г B?(x’) dx’

P 2 У J V(z – *’)2 + У2 + 22*

0

Wie noch gezeigt werden wird, ist es jedoch in den meisten Fallen aus – reichend, mit einem unendlich langen Rumpf zu rechnen.

Rumpf: Rotationsellipsoid vom AchsenverMltnis 1:7; Fliigel: Rechteck A — 5.

T = Tiefdecker; M — Mitteldecker; H = Hochdecker; F = Flugel allein (v = V-Stellungswinkel).

Schieberollmoment. In Abb. 10.25 sind nach Messungen von E. Mol – ler [34] die Schieberollmomente dcLld(} von Flugel-Rumpf-Anordnungen

mit m(x) = 2nUooP R2(x) als Dipolverteilung.

in Abhangigkeit vom Auftriebsbeiwert cA angegeben, und zwar fur einen Tiefdecker, einen Mitteldecker und einen Hochdecker. Zum Ver – gleich sind auch Werte fur einen Fliigel ohne V-Stellung und fur einen Fliigel mit einer V-Stellung von v = 3° mit angegeben. Durch den RumpfeinfluB tritt eine Parallelverschiebung der Kurven gegeniiber derjenigen des Fliigels allein ein; somit gibt der RumpfeinfluB einen vom Auftriebsbeiwert unabhangigen Anted zum Schieberollmoment in glei- cher Weise wie der Anted der V-Stellung beim Fliigel allein. Der Rumpf­einfluB auf das Schieberollmoment kann, wie Abb. 10.25 zeigt, durch eine „effektive V-Stellung44 des Fliigels ersetzt werden. Dabei hat der Hoch­decker eine positive und der Tiefdecker eine negative effektive V-Stel – lung.

Diesem Umstand tragt man im Flugzeugbau dadurch Rechnung, daB man, um bei verschiedener Fliigelhochlage etwa gleiches Schieberoll­moment zu erhalten, dem Tiefdecker eine wesentlich groBere geometrische V-Stellung gibt als dem Hochdecker.

Theoretische Rechnungen iiber den RumpfeinfluB auf das Schieberoll­moment hat W. Jacobs [19] nach dem vorstehenden Verfahren fur den unendlich langen Rumpf ausgefiihrt. In Abb. 10.26 ist nach seinen Rechnungen das zusatzliche Schieberollmoment infolge des Rumpf – einflusses A(dcLldfi) in Abhangigkeit von der Flugelhochlage zJR an­gegeben. Dabei ist der Schieberollmomentenbeiwert definiert durch L = Ciq^Fs mit s als Halbspannweite des Flugels. Zum Vergleich mit der Theorie sind Messungen nach [2] und [34] angegeben. Theorie und Messungen erstrecken sich bis zu so groBen Fliigelhochlagen, bei denen Fliigel und Rumpf sich nicht mehr durchdringen. Die Ubereinstimmung von Theorie und Messung ist sehr gut. Fur das Schieberollmoment in­folge des Rumpfeinflusses kann man auch leicht eine geschlossene Formel erhalten, wenn man die Anstellwinkelverteilung nach Gl. (10.30) in Gl. (7.127) einsetzt. Es ergibt sich:

(10.32)

Hierbei ist

Щ = Ini – &

die Koordinate auf der Rumpfoberflache und к = лЛІс’Аао fa Л/2. Um die Integration in Gl. (10.32) einfach ausfiihren zu konnen, wird nach H. Multhopp [40] im Integranden die Wurzel gleich Eins und die obere Grenze an Stelle von Eins gleich 2/тг gesetzt. Damit ergibt sich

dann fur £o (2/я)2:

Diese Formel gilt fur Rumpfe mit Kreisquerschnitt und fur Fliigel – hochlagen — R < z0 < R.

Um das zusatzliche Schieberollmoment infolge RumpfeinfluB durch eine effektive V-Stellung auszudriicken, beachten wir, daB nach Gl. (7.204)

gilt:

dcL __ 4 nA

dp Зя j/jfc2 + 4 + 2

1 Die angegebenen theoretischen Kurven wurden unter Beriicksichtigung der erweiterten Traglinientheorie korrigiert {c’AOO = 2 n).

(10.35)

In Abb. 10.27 ist der hiernach berechnete effektive V-Winkel in Ab- hangigkeit von der relativen Rumpfbreite rjR fiir verschiedene Fliigel-

hochlagen zJR aufgetragen. Mit zunehmender relativer Rumpfbreite rjR und zunehmender Flugelhochlage wachst der effektive V-Winkel stark an. Es ist z. B. bei rjR = 0,12 und z0/R = ± 1 der effektive V-Winkel gleich +3° bzw. —3°.

In [40] hat H. Multhopp solche Rechnungen auch fiir Rumpfe mit elliptischem Querschnitt ausgefuhrt. Fiir Rumpfe mit anderen Quer – schnittsformen wurde von K. Maruhn [33] die Berechnung des Schiebe – rollmomentes ausgefuhrt. Solche Ergebnisse sind in Abb. 10.28 dar – gestellt. Rumpfe mit eckigem Querschnitt erzeugen ein besonders groBes Schieberollmoment. Wahrend die bisher besprochenen theoretischen Ergebnisse samtlich fur unendlich lange Rumpfe gelten, wurde der EinfluB der endhchen Rumpflange von G. Braun und H. Scharn [3] berechnet.

22 Schlichting/Truckenbrodt, Aerodynamik, Bd. II, 2. Aufl.

10.222 Schiebegiermoment und Schiebeseitenkraft von Fliigel-Rumpf – Anordnungen. Auf das Schiebegiermoment hat die Fliigel-Rumpf-Anord – nung nur einen recht geringen EinfluB. Das Schiebegiermoment einer

Abb. 10.28. ZusS-tzliches Schieberollmoment von Fliigel-Rumpf-Anordnungen in AbMngigkeit
von der Fltigelhochlage fur verschiedene Rumpf querschnittsformen, пасЬ^ЗЗ].[54]

Flugel: EUipse Л = 3,8; relative Rumpfbreite rR = 1/6; Rumpfquerschnittsverhaitnisse
hR/bR = 1,0 und 1,5.

Flugel-Rumpf-Anordnung erhalt man im wesentlichen richtig, wenn man einfach den stabihsierenden Anted des Flugels (Кар. 7.53) zu dem instabilisierenden Anted des Rumpfes (Кар. 9.23) addiert. Abb. 10.29 zeigt nach Messungen von E. Moller [34] die Schiebegiermomente von drei verschiedenen Fliigel-Rumpf-Anordnungen (Tiefdecker, Mittel – decker, Hochdecker). Zum Vergleich sind auch der Flugel allein und der Rumpf allein eingetragen. Man erkennt, daB hier kein wesenthcher InterferenzeinfluB vorhanden ist. Uberdies ist zu beachten, daB fur das Giermoment des ganzen Flugzeuges der meist instabilisierende Beitrag von Flugel und Rumpf wesentlich geringer ist als der stabilisierende Anteil des Seitenleitwerkes (vgl. hierzu Кар. XI).

Bei der Schiebeseitenkraft dagegen ist die Interferenz von Fliigel und Rumpf wieder groBer. Abb. 10.30 zeigt ebenfalls nach Messungen

Abb. 10.29. Schiebegiermoment von Fliigel-Rumpf-Anordnungen in Abh&ngigkeit vom Auftriebs-

beiwert. Messungen nach [34].

Rumpf: Rotationsellipsoid 1:7; Fliigel: Rechteck Л = 5.

T = Tiefdecker, M = Mitteldecker, H = Hochdecker, F = Fliigel allein, R = Rumpf allein.

Abb. 10.30. Schiebeseitenkraft in Abhangigkeit vom Auftriebsbeiwert. Messungen nach [34].
(Anordnung wie Abb. 10.29.)

von E. Moller [34] die Schiebeseitenkrafte fur die gleichen drei Flugel – Rumpf-Anordnungen wie in Abb. 10.29. Beachtenswert ist, daB hier bei cA — 0,2 fur den Hochdecker und Tiefdecker die Schiebeseitenkraft

etwa doppelt so groB ist wie fiir den Mitteldecker. AuBerdem ist beim Hochdecker und beim Tiefdecker eine starke Abhangigkeit des Beiwertes der Schiebeseitenkraft vom Auftriebsbeiwert vorhanden. Sowohl die groBeren Werte von dcy/df} beim Hochdecker und Tiefdecker als auch ihre Abhangigkeit vom Auftriebsbeiwert konnen durch den induzierten Seitenwind erklart werden. Mit der Theorie dieser Erscheinungen haben sich H. J. Puffert [45] sowie K. Gersten und D. Hummel [14] befaBt.